Blicke auf Stephanie Trabusch’s großformatiges Gemälde einer Frau.
Format und Bildkomposition stellen ungewöhnliche Aspekte dieses mysteriösen Bildes dar. Ein Querformat in den Maßen 100 x 200 cm ist durch einen hoch angesetzten Horizont in zwei Bildhälften unterteilt. Die Erde ist durch nichts als Blätter und Grashalme dargestellt, deren Vielgestalt einem Herbarium gleich kommt. Der Himmel besteht nur aus bewegten Wolken. Auf der Erde liegt in der Diagonale des Bildes eine nackte Frau im Gras. Ihr Gesicht verschwindet in der Erde, sichtbar bleiben nur die Haare und ihr Körper. Diese 3 Elemente – Himmel, Erde und ein Mensch – bilden die einzigen Bildgegenstände und in ihrer Verschränkung bilden sie durchaus eine Trinität auf deren malerische Ausführung Stephanie Trabusch sich vollkommen konzentriert.
Damit wird in diesem Bild erfolgreich der Versuch unternommen, so etwas wie die Frage nach der Aufgehobenheit des Menschen in der Welt darzustellen. Sprachlich wäre dieses Bild auf die Wörter ICH – JETZT und HIER zu reduzieren, die ihre Entsprechungen in den einzelnen BIldelementen fänden. Die Frage, die sich mir beim Betrachten eröffnet, ist jedoch weiterführend; es ist die Frage nach der Zugehörigkeit und Befindlichkeit des Ichs in der Welt und damit ist ein qualitativer Schritt vollzogen, indem aus dem Ich ein Selbst geworden ist, dadurch dass sich das Ich in Beziehung zur Welt bringt.
Woran lassen sich diese Eindrücke im Bild fest machen? Die Vielgestalt der Blätter rund Halme habe ich schon oben erwähnt aber sie stellen keine akademische Schulübung dar, sondern symbolisieren in ihrer Vielfalt die Natur in ihrer Gesamtheit. Gemeint sind damit sowohl die belebte wie auch die unbelebte Natur. Die Steine ebenso wie die Lebewesen. Die weibliche Figur liegt mit dem Bauch in der Wiese, dabei wird sie von der Erde vollkommen aufgenommen. Der Bezug zum Himmel findet über die Farbe ihres Körpers statt. Die rosa und blauen Farben der Wolken bestimmen das Kolorit des Frauenkörpers und deren Spiegelung lässt ihren Leib lebendig erscheinen. Dadurch ist der Eindruck gesichert, dass die nackte Frau lebt. Vielleicht schläft sie, vielleicht atmet sie nur den Geruch von Erde und Gräser ein, oder sie träumt. Jedoch hat Stephanie Trabusch die Umrisse der Gräser und Blätter auch auf dem Körper der Frau gemalt. Es sieht so aus, als wäre ihr gesamter Körper von den zarten Linien eines floralen Tattoos überzogen. Die Natur legt sich wie ein Gitter über den Körper der Frau, gleich dem Efeu der eine Mauer erklimmt. Dadurch wird der scheinbar gesicherte Eindruck, dass die Frau lebendig ist, in Frage gestellt. Vielleicht hat die Natur schon damit begonnen, sich zu nehmen, was sie einst gegeben hat. Vielleicht ist diese Darstellung nichts anderes als die Umsetzung eines Memento mori?
Das faszinierende an diesem Bild ist gerade die Doppelsinnigkeit der einzelnen Bildelemente. Es bleibt offen, ob sich die nackte Frau der Natur anheim gibt, als ob sie in ihr aufgehen möchte, so dass ihr Körper die Verschränkung von Himmel und Erde vollzieht. Es könnte somit die Darstellung von höchster Vitalität gemeint sein. Zugleich bleibt jedoch fraglich, ob es sich nicht doch um genau das Antinom von Lebendigkeit handelt, nämlich Vergänglichkeit und Tod. In jedem Fall werden in diesem Bild die Prinzipien und Strukturen der Physis, an die jede Existenz gebunden ist, vollkommen ansichtig.
In den Arbeiten von Stephanie Trabusch nimmt dieses Werk eine herausragende Position ein, da es ihr in der Verschränkung von nur 3 Bildelementen – Mensch, Himmel und Erde – gelingt eine große menschliche und physische Thematik in einer Bildidee darzustellen. Wer das Werk und die Arbeitsweise von Frau Trabusch verstehen und würdigen möchte, wird an dieser Arbeit nicht vorbei kommen, da das Werk hier viel über die Künstlerin aussagt.
Florian Walch Dr. phil.