Raum 58, 14.10. – 19.11.2006
Zum zweiten Mal stellt Stephanie Trabusch im Raum 58 aus. Zeigte sie 2004 eine Gemälde-Serie von Künstlerinnen-Porträts, die die kunstgeschichtliche Tradition repräsentativer Bildnisse auf bemerkenswerte Weise aufgriffen und fortsetzten, kommt diesmal eine ganz andere, nämlich innerliche und nicht auf Repräsentation angelegte Seite von Trabusch zur Geltung. Zu sehen ist eine Auswahl von 12 Zeichnungen aus den letzten Jahren, die das Private, oft geradezu Verschlossene, das diese Werkgattung immer wieder kennzeichnete, besonders stark und eindrucksvoll verkörpern.
Da das Dargestellte oft nur mit spröden Strichen skizziert oder angedeutet ist, wirkt es, als sei es noch gar nicht ganz vom inneren zum äußeren Bild geworden. Der Betrachter fühlt sich damit zum Zeugen künstlerischer Phantasie erhoben, der an einem ungewöhnlichen, aber oft auch unheimlichen Entstehungsprozeß teilhaben darf. So lassen die meisten Sujets auf beklemmende Erfahrungen schließen. Wiederholt tauchen tote – erlegte – Tiere, sich auflösende Gesichter, brennende Gebäude und kopflose Figuren auf. Aber auch Bilder aus der Kunstgeschichte – wie etwa Lukas Cranachs Judith-Darstellung (mit dem Haupt des geköpften Holofernes) – beschäftigen die Künstlerin und werden zum Gegenstand ihrer Zeichnungen.
Selbst etwas vermeintlich Schönes und Alltägliches wie ein Strauß mit zwei Rosen erscheint bei Trabusch verletzt: Daß die Vase oder die Stiele nur unvollständig gezeichnet ist, interpretiert man als Zeichen von Fragilität – als Anwesenheit einer bedrohlichen Macht. Und man staunt, mit wie wenigen Strichen die Künstlerin jeweils abgründige Szenarien und Bilder der Unerlöstheit entstehen läßt. Egal ob sie mit Bleistift, Kupferstift oder durchgepauster Goldfolie arbeitet: Den Stimmungen, die von ihren Zeichnungen ausgehen, kann der Rezipient nicht ausweichen.
Wolfgang Ullrich